Projektbeschreibung

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Brief Bubers an Hermann Hesse

Der Religionsphilosoph Martin Buber (1878-1965) ist der wohl bedeutendste und bis heute international einflussreichste Denker der modernen deutsch-jüdischen Kultur- und Geisteswelt. Er bewegte sich in den intellektuellen, politischen und künstlerischen Milieus der Donaumonarchie (Galizien und Wien) und Deutschlands, in der deutschen Kultur unter den Bedingungen der Weimarer Republik und der NS-Diktatur, seit 1938 dann unter deutsch-jüdischen Emigrantinnen und Emigranten in Jerusalem sowie nach 1945 in einem ausgedehnten Netzwerk von Gelehrten und Intellektuellen in Europa, Israel und den USA. Bubers biografischer Weg ist von Maurice S. Friedman mit Recht einmal als ›Leben im Dialog‹ gekennzeichnet worden. Sein transdisziplinäres Denken war im weitgefächerten Bereich von Theologie, Philosophie, Religionswissenschaft, Literatur, Kunst, Soziologie, Pädagogik und Psychologie verortet, dabei stand er in vielfältigen Beziehungen zu jüdischen wie nichtjüdischen Geistesgrößen in aller Welt. Buber ist jedoch nicht nur eine herausragende Persönlichkeit der Vergangenheit. Die von seinem Denken ausgehenden Impulse wirken vielmehr bis in die Gegenwart weltweit in philosophische, politisch-soziale, künstlerische und bildungstheoretische Diskurse hinein.

Neben den Schriften Bubers sind es insbesondere die bisher von der Forschung weitgehend unbearbeiteten Korrespondenzen (ca. 40.000 Briefe) mit zahllosen berühmten zeitgenössischen Persönlichkeiten und bedeutenden Institutionen, die den Netzwerkcharakter seiner Wirksamkeit widerspiegeln und deren digitale Erschließung eine Vielzahl von Erkenntnissen zur Geschichte und zum intellektuellen und kulturellen Umfeld seiner Zeit verspricht. Diese Briefe werden vor allem in seinem Nachlass in der National Library of Israel (NLI) in Jerusalem, aber auch in anderen Archiven aufbewahrt. Sie für die Forschung zugänglich zu machen, ist nach der Vollendung der Buber-Werkausgabe ein großes Desiderat der Forschung zur deutsch-jüdischen Geistes- und Kulturgeschichte im Allgemeinen und der Buber-Forschung im Besonderen.

Ziel des Projekts ist eine digitale Briefedition, deren Fokus auf der systematischen Rekonstruktion, der editorischen Erschließung zur Herstellung eines möglichst originalgetreuen Textverlaufs und der kulturgeschichtlichen Analyse der dialogischen Beziehungen wie der Gelehrten- und Intellektuellennetzwerke Martin Bubers liegen soll. Differenzierte Verfahren der historischen und digitalen Netzwerkanalyse werden angewandt, um die in den Korrespondenzen zur Sprache kommenden ›Briefdiskurse‹ zu untersuchen. Die überwältigende Menge an Material macht dabei eine Unterscheidung zwischen mehreren unterschiedlichen Bearbeitungsstufen notwendig. Die umfassende Zugänglichmachung des Materials für die Forschung sieht die Erstellung der Faksimiles der Briefe und deren Erschließung durch Metadaten und ggf. inhaltliche Abstracts bzw. Briefregesten vor. Eine zweite Bearbeitungsstufe betrifft einen sorgfältig ausgewählten Teil der Briefquellen, die transkribiert und mit einem historisch-kritischen Kommentar versehen werden sollen.

Die National Library of Israel ist enger Kooperationspartner des Projekts.