Projektbeschreibung
Im Alten Ägypten gab es neben den eher monumentalen Hieroglyphen auch kursive (Hand-)Schriften, von denen das Hieratische über 3000 Jahre lang in Verwendung war. Es ist in diesem Projekt erstmals Gegenstand umfassender Grundlagenforschung.
Anhand ausgewählter und aussagekräftiger Textzeugen wird das hieratische, kursivhieroglyphische und kursivhieratische Zeicheninventar systematisch und digital erfasst, wobei verschiedene Epochen, Regionen, Textgattungen und Schriftträger (vor allem Papyrus, Leinen, Leder, Holz, Ton, Stein) aus dem Belegzeitraum von ca. 2700 v. Chr. bis 300 n. Chr. berücksichtigt werden.
Das Projekt erstellt zum einen eine digitale Paläographie: Sie wird das gesamte Zeichenrepertoire, Ligaturen und ausgewählte Lexeme nebst umfangreichen Metadaten zu den verwendeten Quellen in Form von Datenbanken beinhalten und für diverse Suchmöglichkeiten sowie die Kooperation mit der internationalen Fachwelt präsentieren. Die großen historischen Entwicklungsstufen der Kursivschriften werden dabei nach und nach modular behandelt. Der Zugang zu den Quellen erfolgt über unterschiedliche Aufbereitungen des Materials (Originale, Print- und Online-Editionen, Photographien, Scans, Faksimiles, bereits publizierte Paläographien bzw. Zeichenlisten).
Zum anderen stehen im Bereich der Analyse verschiedene Fragestellungen im Fokus des Projekts: die Entwicklungen der kursiven Schriftarten, deren Abhängigkeiten von den zeitgleichen Monumentalhieroglyphen sowie deren Anpassungen an spezifische Bedürfnisse und Kontexte; Maßnahmen der Schriftökonomie wie Zeichengröße und -vielfalt, Schreibrichtung, Reduzierung, Erweiterung oder Verknüpfung von Einzelzeichen (Abkürzungen, diakritische Zeichen, Ligaturen); Aussagekraft von Handschriften für die Zuweisung an Einzelpersonen, Schulen, Regionen oder Zeiträume; materielle und praktische Aspekte des Schreibens mit der Hand und der Gestaltung von Manuskripten; Funktion der Handschriften für die (Re-)Organisation und Kommunikation der Beamten, Priester und Gelehrten.
Neben dem klassischen Forschungs- und Methodeninventar der ägyptologischen Paläographie werden aufgrund der Kooperation mit der Computerphilologie auch algorithmische und digitale Auswertungsverfahren einbezogen. Das Projekt beinhaltet auch Module zur Praxis des Schreibens und zur Didaktik des Hieratischen im Altertum ebenso wie im aktuellen Studium.
Das Projekt wird im Rahmen des Akademienprogramms von Bund und Ländern finanziert.