Arbeitsstellenbericht 2008

Im Folgenden werden als Auszug aus dem Arbeitsbericht der Kommission und des Vorhabens im Akademie-Jahrbuch die Aktivitäten und Ergebnisse der Projektarbeit im Jahr 2008 präsentiert.

Am 28. November 2008 verstarb der Projektmitarbeiter Fritz Gschnitzer, Professor em. für Alte Geschichte, ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, im Alter von 79 Jahren. Mit seinen Studien zur griechischen Terminologie der Sklaverei (1.Teil: Grundzüge des vorhellenistischen Sprachgebrauchs. Wiesbaden 1964 und 2.Teil: Untersuchungen zur älteren, insbesondere homerischen Sklaventerminologie. Wiesbaden 1976) hat er zum Renommee des Projektes beigetragen. Er war dem Forschungsvorhaben seit 1959 verbunden. Ihm gilt unser ehrendes Andenken, seinen Angehörigen unser Mitgefühl.

 

Forschungen zur antiken Sklaverei

Als FAS 37 erschienen ist der Band der Mitarbeitertagung 2006 zum Thema Menschenraub, Menschenhandel und Sklaverei in antiker und moderner Perspektive (Stuttgart 2008).

Eingang der Manuskripte für den Band Beiträge zur antiken Sklaverei im Spiegel der Forschungsgeschichte und der archäologischen Zeugnisse (FAS 38). In diesem Band wird ein Teil der Beiträge zur ersten Table Ronde on Ancient Slavery (TRAS) erscheinen, die vom 14. bis 16. September 2007 an der University of Edinburgh stattfand.

In Abstimmung mit dem Franz Steiner Verlag und der Akademieleitung bietet das Projekt seit kurzem zwei vergriffene Bände aus den Forschungen zu antiken Sklaverei zum Download im PDF-Format an. Es handelt sich um:

Forschungen zur antiken Sklaverei 3

Sklavenarbeit und technischer Fortschritt im römischen Reich von Franz Kiechle. 1969. VIII, 188 Seiten. Kart. ISBN 3-515-00557-9

Download hier

Forschungen zur antiken Sklaverei Band 24

Ex ancilla natus. Untersuchungen zu den "hausgeborenen" Sklaven und Sklavinnen im Westen des Römischen Kaiserreiches von Elisabeth Herrmann-Otto. 1994. VIII, 512 Seiten. Kart. ISBN 3-515-06329-3

Download hier

 

Corpus der römischen Rechtsquellen zur antiken Sklaverei (CRRS)/Forschungen zur antiken Sklaverei – Beiheft 3:

Redaktionelle Bearbeitung des Faszikels von Reinhard Willvonseder (CRRS Teil IV,1: Eheähnliche Verbindungen und verwandtschaftliche Beziehungen). Der Autor ist dabei, letzte Zusätze einzuarbeiten.

Weitere Faszikel sind im Entstehen und werden demnächst vorgelegt.

 

Bibliographie zur antiken Sklaverei/Forschungen zur antiken Sklaverei – Beiheft 4:

Seit dem Erscheinen der Neuauflage wurde die Titelaufnahme weiter gepflegt. Insgesamt konnten im Jahr 2008 526 neue Titel verzeichnet werden sowie bei ca. 500 Titeln Verbesserungen, Ergänzungen und Ähnliches nachgetragen werden.

Die Vorbereitung zu einer Online-Verfügbarkeit der Bibliographie zur antiken Sklaverei in einer Datenbank-Version sind vorangebracht worden. Es ist weiter geplant, die in der gedruckten Fassung enthaltenen und die neu hinzugekommenen Beiträge zur antiken Sklaverei in Kürze über das Internet verfügbar zu machen. Ohne zusätzliche Mittel kann dieses Vorhaben jedoch nicht realisiert werden. Die Suche nach einer Finanzierungsmöglichkeit wird fortgesetzt.

 

Handwörterbuch der antiken Sklaverei:

Die zweite CD-ROM-Lieferung des Handwörterbuches der antiken Sklaverei (HAS) ist fertig gestellt worden und ist erschienen. Sie enthält 135 neue Artikel bzw. Artikelteile (mit ca. 460 Spalten) von 71 Autoren. Die weitere Planung des HAS wurde durch die Organisation eines Treffens der Fachgebietsherausgeber am 10. März 2008, die Überarbeitung und ständige Aktualisierung der Gesamtliste, die Überarbeitung und Aktualisierung eines Teils der Artikel von CD-ROM I sowie durch Kooperation mit dem Kompetenzzentrum, Trier zur technischen Verbesserung der CD-ROM (Druckfunktion, Artikelgliederungsfenster, Navigation in den Registern, MAC-Version, Volltextsuche nach griechischen Begriffen) vorangebracht. Neue Artikel wurden redaktionell bearbeitet und indiziert, darunter auch eigene Beiträge der Arbeitsstellenmitarbeiter. Aufgrund der Weiterentwicklung der CD-ROM war eine Überarbeitung des Benutzerhandbuchs nötig.

Marcel Simonis hat zur Entlastung der Arbeitsstelle in Mainz teilweise die Koordination der Neueinträge der fertigen oder vergebenen Artikel in die Listen übernommen.

Ein weiteres Treffen der Fachgebietsherausgeber ist für den 23. März 2009 geplant.

 

Spezialbibliothek

Die Spezialbibliothek wurde um 38 Buchtitel, 1.011 Aufsatzkopien sowie ca. 400 pdf-Dateien ergänzt. Sie enthält insgesamt 14.445 Einheiten (Bücher: 3.184; Kopien: 10.700; PDF: 1.200, einzelne Einheiten doppelt besetzt).

Der Bestand ist in seiner Gesamtheit digital erfasst, sämtliche Signaturen können über die Datenbank abgefragt werden. Alle Neuaufnahmen werden in den entsprechenden Datenbanken und in den herkömmlichen Zettelkatalogen erfasst.

Die Sklavenbibliographiedatenbank verzeichnet inzwischen 13.210 Titel, davon hält die Projektbibliothek 11.280 vor (85,4 % [Vorjahr: 80,5 %]). Diese Bestände verteilen sich wie folgt: Bücher: 2.010; Beiträge aus Sammelwerken: 4.049; Aufsätze aus Zeitschriften: 5.221. Seit der Publikation der Bibliographie zur antiken Sklaverei (2003) sind 2.655 neue Titel aufgenommen worden.

An der Datenbankpflege und der Katalogisierung waren die studentischen Hilfskräfte Martin Laborenz, Katrin Noll und Devi Scheffer-Boichorst beteiligt.

Mitarbeitertagung

Am 13. und 14. Oktober fand turnusgemäß die Tagung der Mitarbeiter der Forschungen zur antiken Sklaverei statt. Dafür kamen etwa 50 Mitarbeiter des Forschungsvorhabens aus vier europäischen Ländern und Nachwuchswissenschaftler des Trierer Graduiertenkollegs 846 "Sklaverei – Knechtschaft und Frondienst – Zwangsarbeit" mit ihren Betreuern in den Räumen der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur zusammen. Ermöglicht wurde die Zusammenkunft durch die großzügige Unterstützung der Gerda Henkel Stiftung. Wie bereits 2006 wurde für die Tagung ein thematischer Schwerpunkt gewählt: Kindersklaven – Sklavenkinder. Schicksale zwischen Zuneigung und Ausbeutung in der Antike und im interkulturellen Vergleich. Die Thematik Kinderarbeit und Kindersklaverei liegt nicht nur in der Luft (wie ähnliche Tagungen im Ausland zeigen), sie ist gewissermaßen die Verlängerung der letzten Tagung, die dem Menschenraub und dem Menschenhandel in antiker und moderner Perspektive gewidmet war. Dabei spielte der Frauenhandel eine ganz besondere Rolle. Neben den Frauen gehörten die Kinder in der Antike häufig zu den Opfern von Entführung, Missbrauch und Ausbeutung. Dies gilt allerdings nicht nur für die Antike. Die Meldungen der letzten Jahre über die Entführung von Kindern, speziell von Mädchen, und ihre sexuelle Ausbeutung haben den Blick geöffnet für Zustände völliger Willkür und totaler Abhängigkeit. Jenseits dieser aktuellen Einzelfälle sehen wir uns heute mit einem riesigen Ausmaß weltweiter Kinderarbeit und -ausbeutung konfrontiert. Die International Labour Organization rechnet mit 218 Mio. Kindern, die in Arbeitsverhältnissen festgehalten werden. Davon werden etwa 126 Mio. zu gefährlichen bzw. gesundheitsgefährdenden Arbeiten gezwungen. Viele dieser Arbeitsverhältnisse ähneln Zuständen der Sklaverei, wie Textil- und Lederverarbeitung in Arbeitshäusern, Ziegelherstellung und Landarbeit, Hausdienste und sexuelle Ausbeutung. Es ist leicht zu zeigen, warum die antiken Verhältnisse auch jenseits der Altertumswissenschaften Interesse verdienen. Die Forschungen zur antiken Sklaverei stehen in einem Kontinuum, das sich von der Antike bis zur Moderne erstreckt. Den roten Faden bilden Missbrauch und Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft und Abhängigkeit. Zu den verletzlichsten Objekten solcher Ausbeutung gehören in der Antike wie zu allen Zeiten die Kinder. Ziel der Tagung war es, das Spektrum der im Thema Kindersklaven – Sklavenkinder enthaltenen Möglichkeiten zumindest anzureißen. Die Referate verteilten sich auf die griechische und die römische Welt, auf Texte und archäologische Zeugnisse, auf Rechtsgeschichte und Soziologie:

Den Eröffnungsvortrag hielt die Soziologin Frau Professor Dr. Erdmute Alber von der Universität Bayreuth zum Thema Kinderhandel in Westafrika? Nationale Kinderschutzinitiativen und die Problematik der Mädchenarbeit in Nordbenin. Der Vortrag befasst sich zum einen mit dem Kinderhandelsdiskurs in Medien und in der Entwicklungszusammenarbeit, zum anderen mit der Lebenssituation von Mädchen, die als vom Kinderhandel betroffen gelten: vermittelte Hausmädchen in städtischen Haushalten Benins. Anhand ihrer Lebensgeschichten wird die Terminologie "Kinderhandel" hinterfragt und relativiert. In weiteren Vorträgen wurde die Brücke zur Antike geschlagen. Der Ambivalenz im Verhältnis zwischen dem Herrn und dem Sklavennachwuchs wurde in Inschriften, Grabmonumenten, der Vasenmalerei, in literarischen und juristischen Texten nachgegangen. Josef Fischer, Mitarbeiter in der Kleinasiatischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, befasste sich in seinem Vortrag mit der Kinderarbeit im klassischen Griechenland. Er präsentierte in einem gerafften Überblick die wesentlichen Quellen, die zur Beurteilung der Arbeit von Kindern und Jugendlichen im klassischen Griechenland zur Verfügung stehen, und unterzog sie einer historischen Analyse. Trotz spärlicher Belege konnte dennoch gezeigt werden, wie häufig das Phänomen der Kinderarbeit im klassischen Griechenland anzutreffen war, und in welchen Berufen und unter welchen Bedingungen Kinder und Jugendliche in dieser Epoche ihrer Arbeit nachgehen mussten. Den Sklavenkindern in den Rechtsquellen widmete sich der Wiener Rechtshistoriker Richard Gamauf. Er konnte zeigen, dass die Lebenswelten von Kindern und jugendlichen Sklaven aus den Rechtsquellen nur ausschnittartig erfassbar sind, dass aber der ökonomische Wert der Sklavenkinder ein wichtiges Thema ist. So gewähren die juristischen Quellen Einblicke in die Ausbildungsbedingungen, welche andere antike Quellen nicht bieten. Auf der anderen Seite lassen sich positive Auswirkungen persönlicher Nahbeziehungen, z.B. als Grundlage von Freilassungsprivilegien, feststellen. Leitidee des Vortrages von Elisabeth Herrmann-Otto, Professorin für Alte Geschichte an der Universität Trier, mit dem Titel Kindsein im Römischen Reich, war es zu zeigen, wie eng Sklavenkinder und freie römische Kinder im römischen Haushalt zusammen aufwuchsen. Ein anderer Schwerpunkt des Vortrages galt dem Phänomen, dass aus einem freien Kind sehr schnell ein Sklavenkind werden konnte, und auch ein als Sklave geborenes Kind manchmal wie ein freies Kind (Zögling) aufwuchs und bald freigelassen wurde. Kinderarbeit war in der gesamten römischen Welt verbreitet. Sklavenkinder arbeiteten in den reichen Haushalten ab dem 5. Lebensjahr, von einer Opposition gegen diese Zustände ist nichts bekannt. Ausgangspunkt des Vortrages von Stephan Busch, Professor für Lateinische Philologie an der Universität Trier, und Andrea Binsfeld, Mitarbeiterin im Projekt Forschungen zur antiken Sklaverei, bildete eine erst kürzlich im spanischen Segobriga gefundene Grabstele für die Sklavin Iucunda (rosa simul florivit et statim periit – Sklavenkinder in lateinischen Grabepigrammen). Eine Prosainschrift, ein Grabepigramm und ein Bildfeld, das die Verstorbene als Kitharaspielerin zeigt, bieten unterschiedliche Ansatzpunkte für die Interpretation des Monumentes. Verschiedene Aspekte der Beziehung zwischen Sklavenkindern und Sklavenherren, der wirtschaftlichen Bedeutung bereits von Sklavenkindern, der Beziehungen zwischen Sklaveneltern und Sklavenkind und der Selbstdarstellung von Sklaven konnten anhand dieser Stele beleuchtet werden. Ingomar Weiler, ehemals Professor für Alte Geschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz, beschäftigte sich im Rahmen des Schlussvortrages Die Sklavin und ihre Kinder mit der Mutter-Kind Beziehung im Altertum und ging der Frage nach, ob im Altertum zwischen Sklavinnen und ihren Kindern eine emotionale Bindung wie mütterliche Zuneigung existiert hat.

Eine Publikation der Beiträge im Rahmen der Reihe Forschungen zur antiken Sklaverei ist für das nächste Jahr vorgesehen.

Tagungsprogramm

Tagungsvorträge


Durchführungskontrolle

Im Rahmen einer Durchführungskontrolle wurde das Projekt akademieintern unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten der Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Klasse, Herrn Prof. Dr. Gernot Wilhelm, evaluiert. Die Kommission für Geschichte des Altertums und die Klasse sprachen "dem sehr kleinen Projektteam ihre Anerkennung für die Koordinierung und erfolgreiche Durchführung des umfangreichen Vorhabens" aus und empfahlen nachdrücklich, das Projekt bis zu seinem Laufzeitende 2012 weiter zu fördern. Die Wissenschaftliche Kommission der Union der Akademien hat auf ihrer Sitzung am 16.-17. Oktober 2008 über die Unterlagen zur Durchführungskontrolle des Vorhabens beraten. Die Wissenschaftliche Kommission hat die Fortschritte und erfolgreiche Durchführung des Projektes mit Genugtuung zur Kenntnis genommen und festgestellt, dass bestehende Verzögerungen nicht von der Projektleitung zu verantworten sind. Sie zeigte sich erfreut, dass am Laufzeitende 2012 festgehalten werden kann, und begrüßte die Idee eines internationalen Abschlusskolloquiums. Sie empfiehlt die Weiterförderung im vorgesehenen Umfang und verzichtet auf eine weitere Evaluierung.

 

Sonstige Tätigkeiten

Die Kontakte zu den Sklaverei-Forschungszentren im In- und Ausland wurden gepflegt: Trier (Graduiertenkolleg 846 "Sklaverei – Knechtschaft und Frondienst – Zwangsarbeit": Die Sprecherin des Kollegs, Frau Prof. Dr. E. Herrmann-Otto, ist zugleich Mitarbeiterin des Projekts Forschungen zur antiken Sklaverei), Nottingham (ISOS), Edinburgh (TRAS), Kasan und Besançon (GIREA).

Mit Hilfe einer Anschubfinanzierung durch den Forschungsfonds der Universität Trier und in Kooperation mit dem Trierer Kompetenzzentrum und dem Trierer Sonderforschungsbereich 600 (Fremdheit und Armut) konnte die Bilddatenbank zur antiken Sklaverei (BizaS) weiter entwickelt werden. Bislang wurden 221 Objekte aufgenommen (Stand 2007: 135 Objekte), beschrieben und indiziert. Die Bilddatenbank wird hauptsächlich von Patrick Reinard an der Arbeitsstelle Trier betreut.

2009 wird Frau Lydia Langerwerf, Universität Nottingham, als Stipendiatin des DAAD für vier Monate an der Mainzer Arbeitsstelle des Projekts arbeiten. Sie möchte ihre Dissertation über die Messeniakà des Pausanias, also die Überlieferung über den Freiheitskampf der Messenier, zum Abschluss bringen.

Stand: 28. Juni 2013