Neuer Band der ›Gluck-Gesamtausgabe‹ erschienen

Blick in die Gesamtausgabe, Foto: AdW Mainz

Im Rahmen des Akademienprojekts ›Christoph Willibald Gluck - Sämtliche Werke‹ hat Projektmitarbeiterin Tanja Gölz die historisch-kritische Edition der ›Fragmentarisch überlieferten Opere serie‹ (III/1) vorgelegt und damit einen weiteren Bestandteil des bislang nahezu unbekannten Frühwerks des Opernreformers Gluck für Wissenschaft und Praxis verfügbar gemacht.

Der erste Teilband der unvollständig erhaltenen Werke aus Glucks kompositorischer Anfangszeit umfasst 35 Vokalstücke der zwischen 1741 und 1745 in Mailand und Crema uraufgeführten Opern Artaserse, Il Tigrane, La Sofonisba und L’Ippolito sowie drei unter seinem Namen überlieferte Arien der Pasticci Arsace (Mailand 1743) und La finta schiava (Venedig 1744), womit die Mehrzahl der insgesamt 38 Nummern erstmals im Druck vorliegt.

Der Anteil des tradierten Notentextes dieser Drammi per musica ist unterschiedlich groß und reicht von nur zwei Arien zu Glucks Erstlingswerk Artaserse bis zu knapp der Hälfte bzw. einem Drittel des Umfangs der übrigen Werke. Insbesondere die für die damaligen Star-Interpreten komponierten Gesangsnummern haben sich erhalten: sie reichen von koloraturreichen Bravourstücken bis zu lyrisch-empfindsamen Arien und vermitteln das sängerische Profil von Virtuosen wie Caterina Aschieri sowie der berühmten Kastraten Giovanni Carestini und Felice Salimbeni. Zudem lässt diese querschnittartige Überlieferungssituation erkennen, dass Gluck in Übereinstimmung mit der später von ihm reformierten Gattung unterschiedliche Arientypen bediente und auch mit deren Anordnung in der Gesamtanlage standardisierten Prinzipien folgte, ohne jedoch den dramatischen Ausdruck zu vernachlässigen.

Da Glucks Autographe ebenso wie die Aufführungsmaterialien der genannten Werke als verschollen gelten müssen, stützt sich die Edition primär auf im 18. Jahrhundert erstellte Partiturabschriften der einzelnen Vokalnummern, die in Bibliotheken in Mailand, Venedig, Paris, Wien, London und Kopenhagen erhalten sind und als Teil einer Sammelhandschrift sogar den Weg in die Jean Gray Hargrove Music Library der University of California, Berkeley, gefunden haben. Drei Arien sind lediglich in Form einer Canto-e-Basso-Stimme überliefert, davon zwei auszugsweise als Bestandteil zeitgenössischer Kupferstiche, die zu Ehren Caterina Aschieris anlässlich ihrer Mitwirkung an L’Ippolito angefertigt wurden. Die erhaltenen Uraufführungslibretti ermöglichen eine annähernde Rekonstruktion der jeweiligen Werkgestalt und somit die korrekte Anordnung der Nummern. Gemeinsam mit den musikalischen Hauptquellen bilden sie die Grundlage für die Edition der Textunterlegung und werden in dem Band vollständig faksimiliert. Der üblichen Gestaltung entsprechend finden sich in der Ausgabe neben dem 300 Seiten umfassenden Notentext ein ausführliches Vorwort zum jeweiligen Entstehungs- und Aufführungskontext sowie weitere Bildbeigaben und einen kritischen Bericht.

Vollständige Literaturangabe:

Fragmentarisch überlieferte Opere serie: Artaserse (Mailand 1741), Il Tigrane (Crema 1743), La Sofonisba  (Mailand 1744) und L’Ippolito (Mailand 1745) (III/1), herausgegeben von Tanja Gölz, Mainz, Bärenreiter-Verlag, Kassel usw. 2017.

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