Projektbeschreibung

An der Medizinischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg besteht eine Arbeitsstelle der Akademie der Wissenschaften und der Literatur zu Mainz. Das Forschungsprogramm ist langfristig darauf angelegt, die pathogenetische Rolle neuer chronisch persistierender Viren bei Immundefizienz und Tumorkrankheiten des blutbildenden Systems zu untersuchen und neue Therapieverfahren zu erforschen. Die Arbeiten werden in Kooperation zwischen Wissenschaftlern des Instituts für Klinische und Molekulare Virologie, und, soweit morphologische Aspekte betroffen sind, des Anatomischen Instituts II durchgeführt. Am Virologischen Institut ist das Nationale Referenzzentrum für die AIDS-erregenden Retroviren und das Zentrum eines Sonderforschungsbereiches über Immundefizienz und Lymphoproliferation. Im Vordergrund des Programms steht ein Projekt zur molekularen Biologie des Kaposi-Sarkom-assoziierten Humanen Herpesvirus Typ 8 (HHV-8), welches erst vor wenigen Jahren in Begleittumoren bei AIDS-Patienten entdeckt wurde. Im Rahmen einer Strukturanalyse viraler Genome wurde gefunden, daß das Virus zahlreiche Gene enthält, welche aus zellulärem genetischen Material abgeleitet sind. Hierzu zählen kodierende Sequenzen für virale Zytokine und Zytokin-Rezeptoren, Regulatoren des Zellzyklus, antiapoptotische Proteine, anti-Komplementproteine und Enzyme des Nukleotid-Stoffwechsels. Soweit bisher untersucht, sind alle Zell-abgeleiteten Proteine funktionell, indem sie entweder agonistisch im Sinne der zellulären Vorläufergene wirken, dominant negative Funktionen auf die entsprechenden Signalketten ausüben oder deregulierte Fragmente der Vorläuferproteine darstellen. Wahrscheinlich spielen die Zell-abgeleiteten Proteine für die Pathogenese und Tumorentstehung durch das HHV-8 und verwandte (2-Herpesviren eine relevante Rolle. Im Rahmen des Projektes wird vor allem untersucht, welche Effekte virale Zytokine und Interferon-Respons-Faktoren für die Entstehung und Progression AIDS-assoziierter Tumoren haben.

Ein weiteres langfristiges Forschungsthema in der Arbeits­stelle der Akademie ist die Frage nach der pathogenetischen Rolle des GB-Virus C, welches seit 1995 bekannt ist. Das Virus ist weit verbreitet; etwa 15 – 20 % der westeuropäischen Bevölkerung machen im Lauf ihres Lebens eine Infektion mit diesem Virus durch. Neuere Daten weisen darauf hin, daß das GB-Virus in lymphatischen Zellen repliziert und persistiert. Besonders relevant ist die neuere Beobachtung, daß HIV-Infizierte wesentlich langsamer zu AIDS fortschreiten und einen signifikanten Überlebensvorteil haben, wenn sie zugleich mit GB-Virus infiziert sind. Ziel des Projektes ist es, Verfahren zur reversen Genetik der GB-Viren zu etablieren, um Zelltropismus und Mechanismen der Interferenz mit HIV zu studieren und mögliche stammspezifische Unterschiede bei den Viren zu bewerten. So gilt es zu eruieren, inwieweit die Variabilität neuer GB-Viren mit den Interferenzmustern gegen Immundefizienz-Viren korreliert.

Materialien