Projektbeschreibung / Project description

Im 18. und 19. Jh. wurde die buddhistische Gemeinde Sri Lankas durch die Einführung neuer  Ordinationstraditionen Siam (Thailand, 18. Jh.) und Birma (Myanmar, 19. Jh.) wiederbelebt. Innerhalb des aus verschiedenen Ordinationslinien Birmas hervorgegangenen Amarapuranikāya entstand in der Mitte des 19. Jh. ein Streit über die Rechtsgültigkeit der buddhistischen Gemeindegrenze (sīmā) von Balapiṭiya. Eine Sīmā markiert das Gebiet, in welchem sich eine Gemeinde zur Durchführung von Rechtshandlungen wie beispielsweise der Ordination versammeln muß. Die Notwendigkeit eine Sīmā zu etablieren und die zugehörigen Regeln sind im Rechtskodex, dem Vinayapiṭaka (ca. 3. Jh. v. Chr.), überliefert und in Kommentaren des 5.–19. Jh. ausgelegt. Diese Regeln müssen beachtet werden, damit eine Sīmā aus rechtlicher Sicht als fehlerfrei etabliert gilt. Die Sīmā von Balapiṭiya ist „eine Grenze, die [von einer im Fluß errichteten Plattform aus] durch das Hinauswerfen von Wasser [bestimmt wird]“ (udakukkhepasīmā). Die Stelle, an der das Wasser auf der Wasseroberfläche auftrifft, markiert die Gemeindegrenze. Das von dieser Grenze umschlossene Gebiet darf mit keinem anderen Gebiet verbunden sein. 1845 wurde die Plattform der Sīmā von Balapiṭiya erweitert und durch eine Brücke zugänglich gemacht, die kurz vor der Plattform endete. Das letzte Stück wurde durch eine Planke überbrückt, die man während der Rechtshandlung entfernte. Durch das Hinauswerfen des Wassers vom Rande der Plattform gelangte das Ende der Brücke in den Bereich innerhalb der Udakukkhepasīmā. 1851 erklärte der Mönch Laṅkāgoḍa Dhīrananda, es läge eine Vermischung (saṃkara) der Udakukkhepasīmā mit einer Dorfgrenze (gāmasīmā) vor, da die Brücke auf dem Flussufer endete, das per se Teil einer Gāmasīmā ist. Der Gruppe um ihn, den „Vertretern der Vermischung“ (saṃkaravādin), standen die „Vertreter der Nicht-Vermischung“ (asaṃkaravādin) gegenüber. Sie hielten die Sīmā für rechtsgültig. Laṅkāgoḍa bat das Oberhaupt der buddhistischen Gemeinde Birmas, den Saṅgharāja Ñeyyadhamma, um Hilfe. Sein Urteil (die Sīmāvivādavinicchayakathā, 1858) bestätigte die Rechtsauffassung der Saṃkaravādins, wurde aber von den Asaṃkaravādins nicht akzeptiert. 1880 publizierte der Asaṃkaravādin Vimalasāra die Sīmālakkhaṇadīpanī (98 S.), in welcher er zugunsten der Sīmā von Balapiṭiya argumentierte. Der Saṃkaravādin Dhammālaṅkāra bezog in seinem 1885 publizierten Sīmānayadappana (313 S.) Stellung dagegen. Zusätzlich gab es die ganzen Jahre hindurch eine rege Korrespondenz zwischen den Rechtsspezialisten Sri Lankas, Birmas und Thailands. Der Streit wurde nie entschieden, sondern führte zur Spaltung in den Saddhammavamsa, „Linie des Saddhamma“ (Saṃkaravādins), und den Mūlavaṃsa, „Ursprüngliche Linie“ (Asaṃkaravādins). Beide bestehen bis heute fort. Im vorliegenden Projekt werden die in Pāli verfassten Texte (Sīmāvivādavinicchayakathā, Sīmālakkhaṇadīpanī und Sīmānayadappana) ediert, übersetzt und analysiert.