Projektbeschreibung

Das Projekt „Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich“ verfolgt langfristig das Ziel, erstmals alle relevanten zeitlich und räumlich fixierbaren Quellen zur Geschichte der Juden im Gebiet des römisch-deutschen Reiches für den Zeitraum von 1273 bis 1519 chronologisch zu erfassen.

Das Vorhaben strebt damit die Überwindung eines nicht nur die einschlägige Spezialforschung, sondern auch die allgemeine Forschung betreffenden Defizits an. Dieses resultiert aus der insbesondere im deutschsprachigen Raum stark vernachlässigten Verknüpfung der Geschichte der Juden mit der allgemeinen Geschichte und äußert sich auch darin, dass die deutsche Forschung im Unterschied zu anderen europäischen Ländern bisher lediglich auf wenige, zudem regional oder lokal begrenzte Quelleneditionen, Regestenwerke und Inventare zurückgreifen kann.

Im Zentrum der für das Projekt relevanten Überlieferung steht eine große Anzahl von Urkunden höchst unterschiedlicher Formen und Inhalte. Bei diesen und den weiteren Quellengattungen in lateinischer, volkssprachlicher und hebräischer Sprache gilt als wichtigstes Aufnahmekriterium in das Corpus, dass sie zeitlich und räumlich zugeordnet werden können.

Diese Materialsammlung soll der Forschung zunächst als Internetpublikation zugänglich gemacht werden. Jeweils nach Abschluss der einzelnen, nach Untersuchungszeiträumen gegliederten Arbeitsphasen erfolgt zusätzlich eine gedruckte Quellenpublikation.

In methodischer Hinsicht kommt hierbei den Erläuterungen zur jeweiligen Provenienz und Überlieferungssituation besondere Relevanz zu, um Verzerrungen und Einseitigkeiten der Wahrnehmung jüdischer Geschichte im Lichte der spezifischen Tradierungsbedingungen korrigieren zu können. Dazu gehören der Versuch einer Rekonstruktion jüdischer "Archive" des Mittelalters und insgesamt die Identifikation jüdischer Erinnerungsspuren in christlicher Überlieferung. Zugleich ergibt sich so die Chance, Erinnerung an Christen in jüdischer Überlieferung zu eruieren. Dabei ist zu beachten, dass beide Überlieferungsstränge des "Gedächtnisses" in engen Wechselbeziehungen standen. Bisher ist diese Erinnerungsarbeit von Juden und Nichtjuden vornehmlich auf die Katastrophe des Holocaust konzentriert worden. Das Projekt schafft eine grundlegend neue Basis für die religionsübergreifende Gedächtnisgeschichte in der Langzeitperspektive.

Das Arbeitsvorhaben profitiert von der engen Zusammenarbeit mit dem Arye Maimon-Institut für Geschichte der Juden, Trier, von vielfältigen interdisziplinären und internationalen Kontakten sowie insbesondere von der Zusammenarbeit mit judaistisch fundierten Historikern in Israel und den USA.

englische Übersetzung

 

Bericht 2013