Zwei neue Langzeitvorhaben im Akademienprogramm 2016

›Das Corpus der hethitischen Festrituale: staatliche Verwaltung des Kultwesens im spätbronzezeitlichen Anatolien‹ und ›Bernd Alois Zimmermann Gesamtausgabe. Historisch-kritische Ausgabe seiner Werke, Schriften und Briefe‹

Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) des Bundes und der Länder hat am 30. Oktober 2015 in Berlin das Akademienprogramm 2016 der Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften mit einem Gesamtvolumen von rund 62 Millionen € beschlossen. Das Programm dient der Erschließung, Sicherung und Vergegenwärtigung unseres kulturellen Erbes und ist eines der größten geisteswissenschaftlichen Forschungsprogramme der Bundesrepublik Deutschland. Es wird von Bund und Ländern gemeinsam finanziert.

Das ›Corpus der hethitischen Festrituale‹ knüpft an das erfolgreiche Projekt ›Hethitische Forschungen‹ an, das wichtige Grundlagen in der Hethitologie gelegt hat und das schon mit der Etablierung des ›Hethitologie-Portals‹ das Fach in ein neues Zeitalter geführt hat. Die historisch-kritische Gesamtausgabe der musikalischen Werke, Schriften und Briefe des Komponisten Bernd Alois Zimmermann (1918-1970), die in Kooperation der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften mit der Akademie der Wissenschaften und der Literatur | Mainz erarbeitet werden soll, ist das 20. musikwissenschaftliche Gesamtausgaben-Vorhaben im Akademienprogramm und gleichzeitig das erste, bei dem es um nach 1945 komponierte Musik geht.

›Das Corpus der hethitischen Festrituale: staatliche Verwaltung des Kultwesens im spätbronze­zeitlichen Anatolien‹

Die wichtige Rolle des Kultwesens im Hethiterreich in der Epoche vom 17.-13. Jh. v. Chr. wird jedem, der die Ruinen einer hethitschen Stadt besucht, sofort deutlich. Monumentale Tempel prägen das Stadtbild; Landschaftsmarken außerhalb des Stadtgebietes dienen als sakrale Stätten, allein in Hattuša sind 30 Tempel nachgewiesen. Die Sorge um den Kult der Götter gehört zu den wesentlichen Aufgaben des Königs und der vom ihm eingesetzten Führungseliten, ihm kommt als ranghöchstem Kultdiener eine zentrale Rolle zu. Die dazu entstandenen Festritualtexte sind knapp formulierte, aber umfangreiche Vorschriften für die Durchführung des Kultes zu bestimmten, oft jahreszeitlich festgelegten Anlässen. Sie bilden mit derzeit über 10.000 Fragmenten die umfänglichste Textgruppe unter den Keilschriften aus dem hethitischen Anatolien. Die Erschließung dieser Quellen, die überwiegend in den Archiven der Hauptstadt Hattuša liegen, erlaubt uns nicht nur Einblicke in die Konzeption des Göttlichen und das Verständnis von Sakralität, den Aufbau der Götterwelt, das Verhältnis zwischen Mythologie und Ritualistik, die Sakralsprachen, die Sakralgeographie sowie die Kulttopographie, sondern sie beleuchtet zugleich wesentliche Aspekte der sozialen, politischen und ökonomischen Kultur des Hethiterreiches.

Dabei beleuchten die Texte nicht nur den Tempelkult der Hauptstadt zu unterschiedlichen Zeiten, sondern sie geben auch Auskunft über die Kulte in vielen anderen Städten des Reiches. Unter den altorientalischen Kulturen bieten sie eine einmalig dichte Dokumentation des Kultwesens und seiner staatlichen Verwaltung.

Das Vorhaben dient der editorischen Rekonstruktion und Erschließung in Form von web-basierten Texteditionen sowie der Untersuchung von mit dem Corpus assoziierten paläographischen, linguistischen und religions- und verwaltungshistorischen Kernfragestellungen in übergreifenden Studien. Schlüsseltechnologien für Edition und Studium hethitischer Keilschrifttexte werden im Rahmen des Vorhabens weiterentwickelt, wie zum Beispiel digitale dreidimensionale Aufnahmen von Keilschrifttafeln. Das Vorhaben markiert mit seinen komplexen Fragestellungen, seinem editorischen Leistungsumfang und seiner innovativen Methodik einen Neuaufbruch in der hethitologischen Forschung.

Die Laufzeit beträgt 21 Jahre, mit einem jährlichen Volumen von 395.000 €. Die Leitung des Projektes liegt bei der Sprachwissenschaftlerin Prof. Dr. Elisabeth Rieken (Philipps-Universität Marburg) und dem Altorientalisten Prof. Dr. Daniel Schwemer (federführend) (Julius-Maximilians-Universität Würzburg).

Kontakt:
Prof. Dr. Elisabeth Rieken, Institut für Klassische Sprachen und Literaturen, Fachgebiet Vergleichende Sprachwissenschaft und Keltologie – Professur für Vergleichende und Allgemeine Sprachwissenschaft, Philipps-Universität Marburg, Wilhelm-Röpke-Str. 6E, 35032 Marburg, T. (06421) 28 24785; riekenstaff.uni-marburg.de
Prof. Dr. Daniel Schwemer (federführend), Institut für Altertumswissenschaften – Lehrstuhl für Altorientalistik
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Residenzplatz 2, Tor A, 97070 Würzburg, T. (0931) 31 86460; daniel.schwemeruni-wuerzburg.de

Bernd Alois Zimmermann Gesamtausgabe. Historisch-kritische Ausgabe seiner Werke, Schriften und Briefe

Gegenstand dieses gemeinsam mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften verantworteten Vorhabens ist eine der markantesten deutschen Komponistenpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Die Werke von Bernd Alois Zimmermann (1918-1970) haben nicht nur früh das Interesse der Forschung geweckt, sondern sich weltweit auch außerhalb der auf Neue Musik spezialisierten Kreise im Repertoire durchgesetzt. Allein seine Oper ›Die Soldaten‹ hat trotz immenser aufführungstechnischer Schwierigkeiten seit ihrer Premiere etwa 30 Neueinstudierungen in 14 Ländern auf drei Kontinenten erlebt, davon allein vier innerhalb der letzten zwei Jahre. Seine Wirkung verdankt das Schaffen Zimmermanns einem zugleich Gattungsgrenzen sprengenden und Kunst­sparten übergreifenden künstlerischen Ansatz, in dem sich die zentralen, auch zeithistorisch begründeten kompositorischen und ästhetischen Herausforderungen des 20. Jahrhunderts wie in einem Brennglas bündeln. Zimmer­manns seit den 1950er Jahren technisch äußerst avancierte und theoretisch reflektierte Kompositionsweise erlaubte die Integration verschiedenster musikalischer Stile, Genres und Zitate aus den unterschiedlichsten Sphären sowie eine mediale Öffnung. Auf der Basis einer außerordentlich günstigen Quellenlage – die Quellen sind durch das Werkverzeichnis von Heribert  Henrich bereits sehr detailliert erschlossen und fast vollständig in Berlin zugänglich – und in Kooperation mit der Akademie der Künste, die den Nachlass des Komponisten verwahrt, bietet das Vorhaben eine derzeit einmalige Chance zur Entwicklung innovativer philologischer Metho­den im Bereich der Musik.

Unter der Leitung der Musikwissenschaftlerin Prof. Dr. Dörte Schmidt (Universität der Künste Berlin) ist die Gesamtausgabe als Hybrid-Ausgabe geplant: Eine digitale, internetbasierte Edirom-Edition wird die Ansprüche eines vertieften, insbesondere quellenorientierten Forschungsinteresses bedienen und auf die Genese des Gesamtwerkes ausgerichtet sein. Eine herkömmlich in Bänden erscheinende Druckausgabe, die im Verlag Schott-Music erscheint, umfasst alle Informationen, die die kritische Edition für die musikalische Praxis bereitstellt.

Das Projekt ist auf 25 Jahre angelegt und hat ein Fördervolumen von 360.000 € pro Jahr. Da es sich um ein Projekt zweier Akademien handelt, ist eine Arbeitsstelle an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und eine andere an der Goethe-Universität Frankfurt vorgesehen.

Kontakt:
Prof. Dr. Dörte Schmidt, Universität der Künste Berlin, Fakultät Musik, Fasanenstraße 1 B, 10623 Berlin, T. (030) 3185-2538; dschmidtudk-berlin.de
Für die Koordinierung der musikwissenschaftlichen Editionen im Akademienprogramm:
Dr. Gabriele Buschmeier, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Geschwister-Scholl-Str. 2, 55131 Mainz, T. (06131) 577-120; gabriele.buschmeieradwmainz.de

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